Sara la Kali

 

Die Legende behauptet, dass kurz nach dem Tod von Jesus die drei Marien, Maria Magdalena, Maria-Kleophae (die Mutter von Jakobus dem Jüngeren) und Maria-Salome (die Mutter der Apostel Jakobus und Johannes), durch die Juden ohne Proviant und Ruder in ein Boot gejagt wurden . Sie waren von ihrer Dienerin Sara, von Joseph von Arimathia, von Lazarus und von Trophimus begleitet. Wie durch ein Wunder landete das Schiffchen auf einem sandigen Strand in der Nähe der Rhone-Mündung; heute sind die Saintes-Maries-de-la-Mer ein katholischer Wallfahrtsort und ein Treffpunkt der Zigeuner.

Die Verehrung der Fahrenden bezieht sich aber nicht auf die Marien, sondern merkwürdigerweise auf deren Dienerin, auf Sara, die Ägypterin, Sari la Kali, Sara die Schwarze. Ihre Statue befindet sich in der Krypta der Kirche, zu welcher die Gadschos bis zum Jahre 1912 keinen Zugang hatten. Die Nacht vom 24. auf den 25. Mai pflegten die Zigeuner dort unten zu verbringen. Sie brachten der Heiligen Kerzen dar und behängten den blauen Rock der Statue mit Blumen, Spitzen, Geschmeide und verschiedenen Amuletten.  

 

 

 

 

 

 

"Das Wissen der Wildnis."  Von Tom Brown Jr.

Ein alter Indianer-Schamane erzählt Tom Brown ein wunderbares Gleichnis über die Bedeutung der Religionen, Rituale und Zeremonien für die Menschen.

«Was sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Religionen?» fragtete ich. Heute weiß ich, Großvaters Antwort war aus der Überlieferung des Yoga entlehnt, aber sie traf ins Schwarze. Großvater sagte:

 

 

«Es lebte einmal ein Mann, der eines schönen Tages im Wald spazieren ging. Unterwegs entdeckte er einen Zauberer, der ruhig auf einer fernen Lichtung auf einem Stein saß. Der Mann wußte, wenn er den Zauberer gefangen nehmen konnte, mußte dieser ihm einen Wunsch erfüllen. Darum beschloß er, den Zauberer anzuschleichen und ihn gefangen zu nehmen.

Leise schlich der Mann durch den Wald zu der Lichtung und näherte sich dem Zauberer von hinten. Wahrscheinlich war der Zauberer eingeschlafen, vermutete der Mann, wenn er sein Kommen nicht hörte. Und so war es sicherlich. Schnell schlang der Mann ein Seil um den Körper des Zauberers und warf ihn zu Boden. Der Zauberer wachte auf, erschrocken und leicht beschämt, weil er den Mann nicht hatte kommen hören. Der Mann lachte und erklärte dem Zauberer, er werde seine Freiheit nur wiederbekommen, wenn er ihm einen Wunsch erfüllte. Der Zauberer überlegte einen Moment, und als er einsah, daß er anders seine Freiheit nicht wiedererlangen würde, war er bereit, dem Mann seinen Wunsch zu erfüllen. Die beiden wurden sich einig, und der Mann ließ den Zauberer frei. Dann fragte der Zauberer den Mann, was er sich wünsche. Dieser überlegte lange und gründlich. Da er ein kluger Mann war, wollte er sich nicht Essen wünschen; denn er würde es nur aufessen und davon dick werden. Er wünschte sich auch kein Geld; denn er würde es nur für dumme Sachen ausgeben. Also bat der Mann darum, einen Dämon zu besitzen, der ihm den Rest seines Lebens zu Diensten sein sollte. Mächtig sollte der Dämon sein, alles tun, was der Mann verlangte, und jedem seiner Befehle gehorchen. Da nun der Zauberer ebenfalls sehr klug war, willigte er ein, dem Mann seinen Dämon zu geben, allerdings unter einer Bedingung: Der Dämon mußte die ganze Zeit beschäftigt werden, sonst würde er den Mann verschlingen, sein spirituelles Bewußtsein stehlen und ihm die Lebensfreude nehmen. Der Mann lachte nur und meinte, dies wäre kein Problem, denn er habe allerlei für den Dämon zu tun. Und so verschwand der Zauberer mit einem höhnischen Lachen.

Der Mann ging nach Hause, und als er über die Schwelle trat, erwartete ihn der Dämon. Kaum hatte dieser den Mann gesehen, begann er ihn zu plagen und wollte etwas zu tun

haben. Der Mann forderte den Dämon auf, ihm ein Haus zu bauen und dieses Haus mit den besten Möbeln auszustatten. Der Dämon verschwand durch die Tür. und der Mann, der sehr müde war, beschloß auszuruhen. Kaum hatte er sich jedoch hingelegt, kehrte der Dämon wieder und sagte, daß er seine Aufgabe erfüllt habe. Der Mann erschrak, weil der Dämon seine Arbeit so schnell vorrichtet hatte. Während er überlegte, was er dem Dämon noch zu tun geben konnte, begann ihn der Dämon zu plagen und ließ ihn keinen Moment in Ruhe.

Gequält und verzweifelt brüllte der Mann, der Dämon solle seinen sterbenden Freund gesundmachen. Er dachte, dies würde den Dämon lange beschäftigen. Kaum hatte der Mann die Worte ausgesprochen, als der Dämon rief, es sei schon getan. Bei jeder neuen Aufgabe rief der Dämon nur, es sei schon getan. Je schneller der Mann sich neue Aufgaben ausdachte, desto schneller erledigte der Dämon sie. Endlich fielen dein Mann keine Aufgaben mehr für den Dämon ein. Während er sich noch den Kopf zerbrach, wurde der Dämon immer größer und griff nach dem Bewußtsein des Mannes. Der Mann spürte, wie sein Bewußtsein schwand. Er nahm die Wirklichkeil nicht mehr wahr, und seine gequälte Seele litt. In seiner Verzweiflung sprang der Mann aus dem Fenster und rannte voll Angst in den Wald, bis er schließlich den Dämon abgeschüttelt hatte.

Um sein Leben fürchtend, rannte der Mann einen Weg entlang. So blind rannte er drauflos, daß er mit jemandem zusammenstieß und erschöpft auf die Erde fiel. Er sah einen Schamanen über sich gebeugt, richtete sich sofort auf und flehte den Schamanen auf Knien an, ihm zu helfen. Geduldig hörte sich der Schamane die Geschichte des Mannes an und nickte verständnisvoll mit dem Kopf. Als der Mann geendet hatte, meinte der Schamane lächelnd, daß jeder solch einen Dämon habe. Mit diesen Worten zupfte er sich eines seiner gelockten Haare vom Kopf und reichte es dem Mann. Dies, sagte er, solle der Mann dem Dämon geben und ihm befehlen, das Haar zu glätten. Der Mann konnte gar nicht glauben, daß etwas so Einfaches wie ein Haar den Dämon zur Ruhe bringen konnte, denn der Dämon tat alle Dinge so plötzlich und rasch. Bevor der Mann etwas sagen konnte, war der Schamane verschwunden.

Der Mann machte sich auf den Heimweg, das Haar fest umklammert. Auf einmal sprang der Dämon aus dein Gebüsch und fing wieder an, den Mann zu plagen. Dumm grinsend und zögernd überreichte dieser dem Dämon das Haar und befahl ihm, es glatt zu ziehen. Mit dröhnendem Lachen packte der Dämon das Haar mit beiden Händen, hielt es empor und zog es glatt. Als der Dämon das Haar nun losließ, ringelte es sich zusammen. Der Dämon versuchte es wieder und immer wieder, konnte aber das Haar nicht glätten. Damit schrumpfte der Dämon zusammen und hörte auf den Mann zu plagen. Als der Mann dies sah, riß er dem Dämon das Haar aus der Hand und befahl ihm, ihn nach Hause zu tragen. Zu Hause angekommen, gab der Mann das Haar wieder dem Dämon, der immer wieder versuchte, es glatt zu ziehen, während der Mann sich hinlegte und in tiefen Schlaf versank.»

Verwirrter denn je sah ich Großvater an und erkundigte mich: «Was, zum Teufel, ist der Dämon?»

Großvater erwiderte: «Ach, dein Verstand natürlich! Das unkontrollierbare Denken, das den Menschen allezeit plagt und ihm keine Ruhe läßt.»

«Und was ist dann das Haar?» wollte ich wissen,

«Du weißt doch die Antwort», meinte Großvater. «Das Haar ist: Zeremonie, Sitten und Bräuche, Tradition, Hymnen und Lieder, religiöse Kultgegenstände und sogar die Religion selbst. Es ist all das, was das Denken zum Schweigen bringt, so daß das geistige Selbst hervortreten kann. Viele halten das Haar für Meditation - die höchste Art, das Denken zu läutern und zur Ruhe zu bringen. Das Haar nämlich bildet den Hauptunterschied zwischen den Religionen - die Grundwahrheiten sind immer die gleichen.»

 «Weil es so verschiedene Arten von Menschen gibt. Darum gibt es viele Techniken - oder Haare -, die nur für den einzelnen wirksam sind. Wenn der Mensch die einfachen Wahrheiten zu komplizieren sucht, werden auch all diese Haare sehr kompliziert. Wenn der Mensch zur einfachen, reinen Wahrheit zurückkehren könnte, würde er keine Haare mehr brauchen. Dann läßt sich das spirituelle Bewußtsein auf einfache, lautere Art erreichen: nämlich so, wie die Natur es uns lehrt.»

 

 

 

   Die Geschichte vom Traumfänger

Eine alte indianische Legende, überliefert von den Atzteken lautet:

 

Die Alten haben uns erzählt: Wenn es dunkel wird und die Erdenmenschen müde werden und einschlafen, beginnen die Geistenergien mit ihren mannigfaltigen Wesen und Unwesen. Einige verwandeln sich in Träume. Und wie es gute und schlechte Geistenergien gibt, gibt es gute und schlechte Träume. Schlechte Träume bringen Krankheiten oder sie sind ein Zeichen für bösen Zauber.

Die Alten haben erzählt, wie man es macht, damit böse Träume uns nicht erreichen können: "Es war eine Ahnfrau, die sehr unglücklich war. Denn sie hatte ein Kind, das jede Nacht mit den Kojoten weinte, weil ihr im Schlaf böse Träume böse Geschichten erzählten. Und weil die Ahnfrau keine Hilfe mehr wusste, bat sie die Spinnenfrau um ihren Rat. Spinnenfrau war viel älter als Ahnfrau und von großer Weisheit. Sie bog aus dem Holz der Bäume, die am Wasser wachsen, einen Ring, nicht größer als der Kopf des Kindes. Dann verwandelte sie sich in eine Spinne und spann Fäden in den Ring, kreuz und quer. Als sie damit fertig war, flocht sie Gegenstände von großer magischer Kraft in das Netz: Die Rassel der Klapperschlange, die Wurzel einer Zauberpflanze, einen bunten Stein, das Haar des Bären und des Büffels. Und viele andere Gegenstände mehr, alle von großer magischer Kraft.


Nimm es und hänge es über die Wiege. So wird kein Traum mehr Kraft über dein Kind bekommen. Es wird bewirken, dass keine schlechte Energie mehr in euer Tipi kriecht, es wird alle diese Kräfte fangen und sammeln, und am Morgen, werden sie mit der Nacht verschwinden. Zeige das Netz deinen Brüdern und Schwestern, und webt euch selbst Netze, damit die bösen Träume auch ihre Macht über deine Brüder und Schwestern verlieren. Und so ging die Ahnfrau in ihr Dorf zurück und tat, wie ihr geraten."

Und wie die Ahnfrau von der Spinnenfrau gelernt hat, so machen wir es heute noch: Wir biegen den Zweig vom Baum am Wasser zum Ring und flechten Gegenstände von magischer Kraft in ein Geflecht aus dünnen Därmen. Da sind also Perlen, das Haar des Pumas, der Zahn des Bären, da sind Muscheln und Steine. Wir hängen den Traumfänger über unseren Schlafplatz oder tragen einen kleineren davon auf unserem Kopf. Wir Azteken weben auch viele Federn in dieses Geflecht, denn Federn haben eine besonders große magische Kraft. Wir nennen so einen Traumfänger in unserer Sprache Titlahtin. Das bedeutet: "Das, was mich beruhigt".

Xokonoschtletl ist ständig bemüht, die von Cortez geraubte Federkrone von Montezuma, die in Österreich aufbewahrt wird, von der österreichischen Regierung zurück zu erhalten.

http://www.ahal.ch/xokono.htm

 

 

 

 

 

 

Wem es gelingt, den Tod als einen lieben Freund zu betrachten, der einem an der Hand nimmt und nach Hause begleitet, hat es im Leben wie im Sterben, um einiges leichter.

 

 

Der Gevatter Tod
Brüder Grimm

 

Es hatte ein armer Mann zwölf Kinder und mußte Tag und Nacht arbeiten, damit er ihnen nur Brot geben konnte. Als nun das dreizehnte zur Welt kam, wußte er sich in seiner Not nicht zu helfen, lief hinaus auf die große Landstraße und wollte den ersten, der ihm begegnete, zu Gevatter bitten. Der erste, der ihm begegnete, das war der liebe Gott. Der wußte schon, was er auf dem Herzen hatte, und sprach zu ihm: ,,Armer Mann, du dauerst mich, ich will dein Kind aus der Taufe heben, will für es sorgen und es glücklich machen auf Erden." Der Mann sprach: ,,Wer bist du?" - ,,Ich bin der liebe Gott." - ,,So begehr' ich dich nicht zu Gevatter", sagte der Mann, ,,du gibst dem Reichen und lässest den Armen hungern." Das sprach der Mann, weil er nicht wußte, wie weislich Gott Reichtum und Armut verteilt. Also wendete er sich von dem Herrn und ging weiter. Da trat der Teufel zu ihm und sprach: ,,Was suchst du? Willst du mich zum Paten deines Kindes nehmen, so will ich ihm Gold die Hülle und Fülle und alle Lust der Welt dazu geben." - Der Mann fragte: ,,Wer bist du?" - ,,Ich bin der Teufel." - ,,So begehr' ich dich nicht zu Gevatter", sprach der Mann, ,,du betrügst und verführst die Menschen. "Er ging weiter; da kam der dürrbeinige Tod auf ihn zugeschritten und sprach: ,,Nimm mich zu Gevatter." Der Mann fragte: ,,Wer bist du?" - ,,Ich bin der Tod, der alle gleichmacht." Da sprach der Mann: ,,Du bist der Rechte, du holst den Reichen wie den Armen ohne Unterschied, du sollst mein Gevattersmann sein." Der Tod antwortete: ,,Ich will dein Kind reich und berühmt machen; denn wer mich zum Freunde hat, dem kann's nicht fehlen." Der Mann sprach: ,,Künfigen Sonntag ist die Taufe, da stelle dich zu rechter Zeit ein." Der Tod erschien, wie er versprochen hatte, und stand ganz ordentlich Gevatter.

 

Als der Knabe zu Jahren gekommen war, trat zu einer Zeit der Pate ein und hieß ihn mitgehen. Er führte ihn hinaus in den Wald, zeigte ihm ein Kraut, das da wuchs, und sprach: ,,Jetzt sollst du dein Patengeschenk empfangen. Ich mache dich zu einem berühmten Arzt. Wenn du zu einem Kranken gerufen wirst, so will ich dir jedesmal erscheinen. Steh' ich zu Häupten des Kranken, so kannst du keck sprechen, du wolltest ihn wieder gesund machen, und gibst du ihm dann von jenem Kraut ein, so wird er genesen. Steh' ich aber zu Füßen des Kranken, so ist er mein, und du mußt sagen, alle Hilfe sei umsonst. Aber hüte dich, daß du das Kraut nicht gegen meinen Willen gebrauchst, es könnte dir schlimm ergehen."

 

Es dauerte nicht lange, so war der Jüngling der berühmteste Arzt auf der ganzen Welt. ,Er braucht nur den Kranken anzusehen, so weiß er schon, wie es steht, ob er wieder gesund wird oder ob er sterben muß', so hieß es von ihm, und weit und breit kamen die Leute herbei, holten ihn zu den Kranken und gaben ihm so viel Gold, daß er bald ein reicher Mann war. Nun trug es sich zu, daß der König erkrankte. Der Arzt ward berufen und sollte sagen, ob Genesung möglich wäre. Wie er aber zu dem Bette trat, so stand der Tod zu den Füßen des Kranken, und da war für ihn kein Kraut mehr gewachsen. ,Wenn ich doch einmal den Tod überlisten könnte', dachte der Arzt, ,er wird's freilich übelnehmen, aber da ich sein Pate bin, so drückt er wohl ein Auge zu, ich will's wagen.' Er faste also den Kranken und legte ihn verkehrt, so daß der Tod zu Haupten desselben zu stehen kam. Dann gab er ihm von dem Kraute ein, und der König erholte sich und ward wieder gesund. Der Tod aber kam zu dem Arzte, machte ein böses und finsteres Gesicht, drohte mit dem Finger und sagte: ,,Du hast mich hinter das Licht geführt, diesmal will ich dir's nachsehen, weil du mein Pate bist, aber wagst du das noch einmal, so geht dir's an den Kragen, und ich nehme dich selbst mit fort."

 

Bald hernach verfiel die Tochter des Königs in eine schwere Krankheit. Sie war sein einziges Kind, er weinte Tag und Nacht, daß ihm die Augen erblindeten, und ließ bekanntmachen, wer sie vom Tode errette, der sollte ihr Gemahl werden und die Krone erben. Der Arzt, als er zu dem Bette der Kranken kam, erblickte den Tod zu ihren Füßen. Er hätte sich der Warnung seines Paten erinnern sollen, aber die große Schönheit der Königstochter und das Glück, ihr Gemahl zu werden, betörten ihn so, daß er alle Gedanken in den Wind schlug. Er sah nicht, daß der Tod ihm zornige Blicke zuwarf, die Hand in die Höhe hob und mit der dürren Faust drohte; er hob die Kranke auf und legte ihr Haupt dahin, wo die Füße gelegen hatten. Dann gab er ihr das Kraut ein, und alsbald regte sich das Leben von neuem.

 

Der Tod, als er sich zum zweitenmal um sein Eigentum betrogen sah, ging mit langen Schritten auf den Arzt zu und sprach: ,,Es ist aus mit dir, und die Reihe kommt nun an dich", packte ihn mit seiner eiskalten Hand so hart, daß er nicht widerstehen konnte, und führte ihn in eine unterirdische Höhle. Da sah er, wie tausend und tausend Lichter in unübersehbaren Reihen brannten, einige groß, andere halbgroß, andere klein. Jeden Augenblick verloschen einige, und andere brannten wieder auf, also daß die Flämmchen in beständigem Wechsel zu sein schienen. ,,Siehst du", sprach der Tod, ,,das sind die Lebenslichter der Menschen. Die großen gehören Kindern, die halbgroßen Eheleuten in ihren besten Jahren, die kleinen gehören Greisen. Doch auch Kinder und junge Leute haben oft nur ein kleines Lichtchen." - ,,Zeige mir mein Lebenslicht", sagte der Arzt und meinte, es wäre noch recht groß. Der Tod deutete auf ein kleines Endchen, das eben auszugehen drohte, und sagte: ,,Siehst du, da ist es." - ,,Ach, lieber Pate", sagte der erschrockene Arzt, ,,zündet mir ein neues an, tut mir's zuliebe, damit ich König werde und Gemahl der schönen Königstochter." - ,,Ich kann nicht", antwortete der Tod, ,,erst muß eins verlöschen, eh' ein neues anbrennt. - ,,So setzt das alte auf ein neues, das gleich fortbrennt, wenn jenes zu Ende ist", bat der Arzt. Der Tod stellte sich, als ob er seinen Wunsch erfüllen wollte, langte ein frisches, großes Licht herbei, aber weil er sich rächen wollte, versah er's beim Umstecken absichtlich, und das Stöckchen fiel um und verlosch. Alsbald sank der Arzt zu Boden und war nun selbst in die Hand des Todes geraten.

 

Brüder Grimm - Der Gevatter Tod

 

 

 

 

Hast du schon mal von Anastasia gehört?

Das sei eine Einsiedlerin und Heilerin in Sibirien, sieht aber aus wie eine Barbie-Puppe. Ich weiss nicht, ob es die wirklich gibt, aber eine kleine Geschichte hat mir Eindruck gemacht.
 

In diesem Sinne meine ich: Wir können doch überhaupt nicht beurteilen, ob das, was wir tun gut ist oder nicht.
Deshalb gibt es für mich keine weisse oder schwarze Magie, sondern lediglich gute oder schlechte Absichten, auf Grund deren wir etwas tun.

 
In der Nähe von Anastasia wohnte eine Frau alleine mit einem Sohn. Sie arbeitete hart um den Jungen so gut wie möglich aufzuziehn. Als er grösser wurde, durfte er in die Stadt um zu studieren. Er kam ab und zu, um seine Mutter zu besuchen und sie gab ihm wieder Geld und Kleider mit, das sie durch noch mehr Arbeit für ihr Kind verdiente. Nach ein paar Jahren wurde sie schwer krank und lag im Sterben. Als Anastasia das erfuhr, ging sie zu der Frau und pflegte sie und konnte sie vollständig heilen mit ihren Heilerfähigkeiten. Kurz danach kam ein Brief vom Sohn der Frau, in dem er mitteilte, er habe das Studium abgebrochen und habe eine Freundin, mit der wolle er ins Ausland und könne sie nicht mehr besuchen. Als Anastasia ihr den Brief vorlas, brach die Frau zusammen. Sie hatte nun einen gesunden Körper, aber ein gebrochenes Herz, ihr ganzer Lebensinhalt hatte sie verloren. Anastasia machte sich grosse Vorwürfe, hätte sie die Frau  sterben lassen, müsste sie diese seelische Verletzung nicht mehr auf dieser Welt erleben.